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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Olching

Vermächtnis

Der Erblasser kann in seinem Testament Vermächtnisse anordnen. Dies bedeutet, dass er einer oder mehreren Personen bestimmte Gegenstände nach seinen Tod zukommen lässt, ohne dass diese Personen am sonstigen Nachlass beteiligt werden. Dies unterscheidet Vermächtnisnehmer von Erben, die einen Anteil an allen Nachlassgegenständen in Höhe ihrer Erbquoten erhalten.

 

 

Beispiel:

Max Müller ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in Gröbenzell, einer Eigentumswohnung in Starnberg und eines Mehrfamilienhauses in Dachau. Er verfasst folgendes Testament: "Ich setze meine Söhne Karl und Kuno zu meinen Erben zu gleichen Teilen ein. Die Eigentumswohnung in Starnberg erhält meine Nichte Nina."

Nina ist damit Vermächtnisnehmerin, weil sie nur einen einzigen, klar bestimmten Vermögensgegenstand erhält. Die restliche Erbschaft fällt an Karl und Kuno als Erben.

 

Der Vermächtnisnehmer steht außerhalb der Erbengemeinschaft. Er muss seinen Vermächtnisanspruch ausdrücklich gegenüber den Erben geltend machen. Die Verjährungsfrist für Vermächtnisansprüche beträgt drei Jahre, gerechnet von dem Zeitpunkt, in dem der Vermächtnisnehmer vom Anfall des Vermächtnisses und vom Tod des Erblassers erfährt.

 

 

Beispiel:

Erna Huber aus Germering hat in ihrem Testament ihre Tochter Angelika als Alleinerbin eingesetzt. Als Vermächtnis hat sie ihrem Neffen Siegfried ihre Eigentumswohnung in Unterhaching hinterlassen. Erna Huber verstirbt im Jahr 2008. Da Siegfried schon vor längerer Zeit nach Paraguay gezogen ist und dort zunächst nicht durch das Nachlassgericht gefunden werden kann, erfährt er erst im Jahr 2016 von Ernas Tod und dem Testament. Die Verjährungsfrist für seinen Vermächtnisanspruch beginnt damit erst im Jahr 2016 zu laufen und endet zum 31.12.2019.

 

Viele Erblasser übersehen bei der Aussetzung von Vermächtnissen, dass ihr Vermögen stetigen Wandlungen unterworfen ist und sich daher seine Zusammensetzung zwischen dem Zeitpunkt des Verfassens des Testaments und dem Todestag verändern kann. Insbesondere bei Vermächtnissen kann dies zu großen praktischen Schwierigkeiten und Streitigkeiten führen.

 

 

Beispiel:

Brigitte Huber aus München verfasst ein Testament, in dem sie ihren Ehemann zum Alleinerben einsetzt und ferner anordnet, dass ihr Aktiendepot als Vermächtnis an ihren Bruder fallen soll.

 

Am 20.9.2016 löst Brigitte Huber das Aktiendepot auf und erwirbt von dem Erlös Goldmünzen. Nur eine Woche später kommt sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

 

Ihr Bruder fordert nunmehr von ihrem Ehemann die Herausgabe der Goldmünzen als Vermächtnis. Der Ehemann lehnt dies ab mit dem Hinweis, dass im Testament nur das Aktiendepot als Vermächtnis zugewendet werde und dieses nicht mehr existiere, so dass der Neffe gar nichts erhalte.

 

Diese Argumentation des Ehemannes greift allerdings nicht durch, denn das Testament ist entsprechend dem (mutmaßlichen) Willen der Erblasserin auszulegen: Aus dem Testament ergibt sich, dass die Erblasserin ihrem Neffen einen Vermögensgegenstand im Wert des Aktiendepots zuwenden wollte. Zwischen dem Zeitpunkt der Auflösung des Depots und dem Tod der Erblasserin lag nur eine sehr kurze Zeitspanne von einer Woche, so dass es der Erblasserin nicht möglich war, das Testament zu ändern. Im Wege der Testamentsauslegung ergibt sich daher, dass ihr Neffe die Goldmünzen erhält.

 

Anders wäre dies, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Auflösung des Depots und dem Todestag der Erblasserin eine längere Zeitspanne läge, beispielsweise zehn Jahre. Dann könnte der Ehemann argumentieren, dass die Erblasserin alle Zeit der Welt gehabt hätte, das Testament zu ändern, dies aber bewusst nicht getan habe, so dass davon auszugehen sei, dass sie ihrem Bruder nach der Auflösung des Aktiendepots gar nichts mehr zuwenden wollte.

 

Um Streitigkeiten über Vermächtnisse zu vermeiden, empfiehlt es sich dringend, ins Testament Formulierungen für den Fall aufzunehmen, dass sich die Vermächtnisgegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr im Nachlass befinden. Bei der vermächtnisweisen Zuwendung von Geldbeträgen sollte immer überlegt werden, ob sie gegebenenfalls an den Inflationsindex angepasst werden.

 

Erblasser übersehen oft, dass für die Erteilung eines Erbscheins zwingend die Bildung von prozentualen Quoten erforderlich ist. Die bloße Aussetzung von Vermächtnissen ohne quotale Verteilung des Nachlasses führt dazu, dass das Nachlassgericht entsprechende Schätzungen vornimmt, die wiederum naturgemäß sehr streitanfällig sind.

 

 

Beispiel:

Max aus München verfasst folgendes Testament: "Mein Mehrfamilienhaus in München erhält mein Sohn. Meine Eigentumswohnung in Augsburg erhält meine Tochter. Mein Aktiendepot erhält meine Frau."

 

Als Max verstirbt, befindet sich über die in dem Testament angegebenen Gegenstände hinaus noch ein Konto mit einem Betrag von 100.000 € im Nachlass.

 

Es stellt sich nunmehr das Problem, welchem der Erben das Konto gehören soll. Um dies zu ermitteln, muss zunächst der Wert der Nachlassgegenstände festgestellt werden. Dabei ergibt sich, dass das Mehrfamilienhaus in München 3 Millionen Euro wert ist, die Wohnung in Augsburg 200.000 € und das Aktiendepot 100.000 €. Da dem Sohn damit der allergrößte Teil des im Testament verteilten Nachlasses zufällt, wird das Gericht davon ausgehen, dass ihm auch das Konto gehören soll. Es wird einen Erbschein erteilen, in dem der Sohn als Alleinerbe ausgewiesen ist. Seine Mutter und seine Schwester haben Vermächtnisansprüche gegen ihn bezüglich des Aktiendepots und der Wohnung in Augsburg. Darüber hinaus haben sie, da durch die Vermächtnisse ihre Pflichtteilsquoten nicht ausgeschöpft werden, weitere Zusatz-Pflichtteilsansprüche.

 

Anders wäre dies, wenn das Mehrfamilienhaus in München nur 600.000 € wert wäre: Dem Sohn würde dann nicht der übergroße Teil des Vermögens zufließen, so dass zwischen den beteiligten Erben Quoten gebildet werden müssten. Der Wert des in dem Testament verteilten Nachlasses beträgt insgesamt 900.000 €. Davon entfallen 2/3  auf den Sohn, 2/9 auf die Tochter und 1/9 auf die Ehefrau. Das Nachlassgericht wird einen Erbschein erteilen, in dem der Sohn als Erbe zu 2/3, die Tochter zu 2/9 und die Ehefrau zu 1/9 ausgewiesen sind. Das Barvermögen auf dem Konto ist daher in dem selben Verhältnis zwischen den Erben zu verteilen. Die Ehefrau hat darüber hinaus noch einen Zusatz-Pflichtteilsanspruch, nicht jedoch die Tochter.

 

Um die Unklarheiten und Streitigkeiten, die mit einer solchen nachträglichen Testamentsauslegung zwangsläufig verbunden sind, zu vermeiden, empfiehlt es sich dringend, bei der Aussetzung von Vermächtnissen im Testament allergrößte Sorgfalt walten zu lassen und die Formulierungen entsprechend zu wählen.

 

Die Auslegung eines Testaments kann auch ergeben, dass das ausgesetzte Vermächtnis dem Vermächtnisnehmer nicht in voller Höhe zusteht, wenn die buchstabengetreue Erfüllung des Testaments nicht dem wahren Willen des Erblassers entspricht.

 

 

Beispiel:

Max und Erna Müller sind hälftige Eigentümer eines Einfamilienhauses in Dachau. Der Wert des Anteils von Max beträgt 500.000 €. Er hat darüber hinaus noch ein persönliches Girokonto, auf dem sich in den letzten Jahren stets zwischen 5.000 und 10.000 € befunden haben. Max verfasst ein Testament, in dem er seine Ehefrau zur Alleinerbin einsetzt und dem Tierschutzverein das Girokonto als Vermächtnis zuwendet. Einige Jahre später verstirbt ein Onkel von Max und hinterlässt ihm ein stattliches Anwesen in Herrsching. Max veranlasst den Verkauf der Immobilie. Der Verkaufserlös in Höhe von 2.000.000 € wird seinem Konto am 1. Februar gutgeschrieben. Am 3. Februar erleidet Max einen Schlaganfall und verstirbt wenige Tage später. Der Tierschutzverein wendet sich nunmehr an Erna und fordert die Herausgabe des Girokontos mit den 2.000.000 € Guthaben. Zur Begründung verweist er auf die aus seiner Sicht eindeutige Formulierung im Testament, wonach ihm das Girokonto als Vermächtnis zusteht. Erna ist darüber empört und fragt, ob sie die Erfüllung des Vermächtnisses verweigern kann. Um diese Frage zu beantworten, muss das Testament von Max ausgelegt werden. Dabei ergibt sich, dass Max zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments davon ausging, über ein Vermögen im Gesamtwert von etwa 510.000 € zu verfügen. Der Anteil des Girokontos an diesem Vermögen betrug etwa 2 %. Nach Eingang des Verkaufserlöses auf dem Girokonto beträgt dessen Anteil am nunmehrigen Gesamtvermögen von 2.500.000 € etwa 80 %. Es entsprach sicherlich nicht dem Willen von Max, dem Tierschutzverein 80 % seines Vermögens zuzuwenden. Die Auslegung des Testaments ergibt daher, dass Erna dem Tierschutzverein lediglich zur Zahlung von 10.000 €, also dem Betrag, der sich durchschnittlich in den letzten Jahren auf dem Konto befunden hat, verpflichtet ist.

 

Bei der Aussetzung von Vermächtnissen empfiehlt es sich dringend, eventuelle wertmäßige Veränderungen der Vermächtnisgegenstände bereits bei der Formulierung des Testaments zu berücksichtigen.

 

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Markus Sebastian Rainer unterstützt Sie bei der Formulierung Ihres Testaments und ist Ihnen insbesondere bei der Anordnung korrekter und rechtssicherer Vermächtnisse behilflich.

 

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