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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Olching

Erben haben Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Tod des verstorbenen Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis

 

Mit Urteil vom 06.12.2018 hat der Europäische Gerichtshof die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Urlaubsabgeltung für unionsrechtswidrig erklärt. Das Bundesarbeitsgericht hat deshalb seine Rechtsprechung mit Urteil vom 22.01.2019 (Az: 9 AZR 45/16) dahingehend abgeändert, dass in den Fällen, in denen ein Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, dessen Erben nach § 1922 I BGB i. V. m. § 7 IV Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) einen Anspruch auf Abgeltung des von dem Erblasser nicht genommenen Jahresurlaubs haben.

 

In dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrundenliegenden Fall machte die Klägerin als Alleinerbin ihres am 20.12.2010 verstorbenen Ehemannes (Erblasser), dessen Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch seinen Tod endete, die Abgeltung des gesamten Resturlaubes ihres Ehemannes im Klagewege geltend. Die Klägerin verlangte die Abgeltung eines Resturlaubes von insgesamt 25 Arbeitstagen, davon zwei Tage Zusatzurlaub wegen Schwerbehinderung, die dem verstorbenen Ehemann der Klägerin im Zeitpunkt seines Todes für das Jahr 2010 noch zustanden.

 

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage statt und sprach der Klägerin einen Urlaubsabgeltungsanspruch mit der Begründung zu, dass eine nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung der Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes ergibt, dass der Resturlaub auch dann abzugelten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet wird.

 

Mit dieser Entscheidung wich das Bundesarbeitsgericht von seiner bisherigen Rechtsprechung und Rechtsauffassung ab, nach der der Urlaubsanspruch des Erblassers mit seinem Tod unterging und er sich nicht nach dem Tod in einen Abgeltungsanspruch im Sinne von § 7 IV BUrlG umwandeln konnte. Nach der bis dahin geltenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurde der Urlaubsabgeltungsanspruch also nicht nach § 1922 I BGB Teil der Erbmasse. Eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen wurde vielmehr nur dann anerkannt, wenn beim Verstorbenen bereits ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden war.

 

Dagegen bestimmte das Bundesarbeitsgericht jetzt in dieser jüngsten Entscheidung, dass eine unionskonforme Auslegung der Regelung des Bundesurlaubsgesetzes durchzuführen sei. Da der nach Unionsrecht gewährleistete Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nach Auffassung des Gerichts nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen darf, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub entsteht, der im Wege der Erbfolge auf den Rechtsnachfolger des Arbeitsnehmers übergeht, muss eine richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 IV BUrlG also dazu führen, dass die Vergütungskomponente des Anspruchs auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse wird.

 

Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nach Ansicht des Gerichts nicht nur den Anspruch auf den bezahlten Erholungsurlaub nach §§ 1, 3 I BUrlG von 24 Werktagen, sondern darüber hinaus auch den Anspruch auf Zusatzurlaub, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt, wie beispielsweise im vorliegenden Fall wegen Schwerbehinderung oder Ansprüche auf Urlaub nach Tarifvertrag.

 

Aufgrund dieser neuesten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kommt dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub somit ein Vermögenswert zu, obwohl er grundsätzlich und primär dem Zweck der Erholung sowie dem Schutz der Gesundheit des Arbeitsnehmers dienen soll. Mit dieser Gleichstellung ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung folglich von vermögensrechtlicher Relevanz und kann den Erben nicht mehr entzogen werden.

 

 

 

Nina Jerg

Rechtsanwältin / Erbengemeinschaft / Pflichtteil / Vermächtnisse / Erbscheinverfahren

 

 

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