In über 90 % aller erbrechtlichen Streitigkeiten erreicht unsere Kanzlei eine außergerichtliche Lösung. Falls dies nicht gelingt, vertreten wir Sie bundesweit vor allen Amts-, Land-und Oberlandesgerichten. Dabei gilt es, die spezifischen erbrechtlichen Verfahren, deren Chancen und Risiken zu kennen und zu bewerten.
Erbscheinsverfahren
Wer sein Erbrecht dokumentieren und feststellen lassen möchte, benötigt einen Erbschein. Der Erbschein wird in einem Verfahren vor dem Nachlassgericht erteilt; Beschwerdeinstanz ist das Oberlandesgericht.
Es ist sehr wichtig, bereits zu Beginn des Erbscheinsverfahrens gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht juristisch zu begründen, weshalb ein Testament wirksam oder unwirksam ist und welche Auslegung des Testaments dem Erbschein zugrunde gelegt werden soll. Vor dem Nachlassgericht findet auch das Verfahren über die Einziehung unrichtiger Erbscheine und die Erteilung neuer Erbscheine statt.
Beispiel:
Max und Erna Müller sind verheiratet und haben einen Sohn. Sie verfassen ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Als Max verstirbt, kann Erna trotz intensiven Suchens das Testament nicht finden und beantragt daher schweren Herzens einen Erbschein, der sie aufgrund gesetzlicher Erbfolge lediglich zur Hälfte als Erbin ausweist; die andere Hälfte der Erbschaft fällt an ihren Sohn. Fünf Jahre später möchte Erna ihr eigenes Testament verfassen und sucht dafür einen Rechtsanwalt auf, dem sie den gesamten Sachverhalt als Hintergrund schildert. Der Rechtsanwalt erklärt ihr daraufhin, dass das gemeinschaftliche Testament, auch wenn es nicht mehr auffindbar ist, keineswegs seine Gültigkeit verloren hat, da es jedenfalls nicht mit Einverständnis von Erna vernichtet worden ist. Er beantragt daher beim Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins, der Erna lediglich zur Hälfte als Erbin ausweist, und die Erteilung eines neuen Erbscheins, in dem sie als Alleinerbin eingetragen ist. Soweit der Sohn bereits Gegenstände des Nachlasses erhalten hat, muss er diese vollständig an Erna herausgeben.
Weitere Informationen zum Erbschein finden Sie hier.
Erbenfeststellungsklage
Im Wege einer Erbenfeststellungsklage kann der Erbe feststellen lassen, dass er Erbe geworden und in welcher Höhe er am Nachlass beteiligt ist. Die Erbenfeststellungsklage richtet sich gegen die übrigen Miterben bzw. gegen alle Personen, die das Erbrecht des Klägers dem Grunde oder der Höhe nach bestreiten. Während ein Erbschein lediglich den Erben gegenüber Dritten legitimiert und keine rechtlich bindende Wirkung gegenüber den Miterben hat, wird im Rahmen der Erbenfeststellungsklage das Erbrecht endgültig und rechtskräftig festgestellt. Im Regelfall wird das Erbscheinsverfahren dennoch einer Erbenfeststellungsklage vorzuziehen sein, weil seine Kosten geringer sind. In Einzelfällen kann es aber auch sinnvoll sein, statt eines Erbscheinsverfahrens eine Erbenfeststellungsklage zu erheben. Eine Erbenfeststellungsklage kann auch nach Erteilung eines Erbscheins noch erhoben werden, um dessen Ergebnisse zu korrigieren.
Pflichtteilsverfahren
In Pflichtteilsverfahren ist im Regelfall eine Stufenklage der richtige Weg: In der ersten Stufe wird die Auskunft über Bestand und Bewertung des Nachlasses verlangt, in der zweiten Stufe die eidesstattliche Versicherung des Erben hinsichtlich der Richtigkeit der erteilten Auskünfte und in der dritten Stufe schließlich die Zahlung.
Erbteilungsklagen
Bei Erbteilungsklagen zur Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften ist große Vorsicht geboten, da diese Klagen verloren gehen, wenn kein bis ins letzte Detail exakt ausgearbeiteter Teilungsplan vorgelegt wird. Da ein solcher Teilungsplan buchstäblich jeden Kaffeelöffel des Erblassers beinhalten muss, ist es in der Praxis nahezu ausgeschlossen, eine Erbteilungsklage zu gewinnen. Es empfiehlt sich in einem solchen Fall, die Erbengemeinschaft schrittweise durch die Erhebung einzelner Feststellungsklagen bzw. Teilungsversteigerungen auseinanderzusetzen. Dies reduziert das Risiko für den klagenden Miterben ganz erheblich.
Verhalten als Beklagter
Wer verklagt wird, hat mehrere Möglichkeiten, auf die Klage zu reagieren. Wenn er davon ausgeht, vollständig im Recht zu sein, wird er eine Klageabweisung beantragen und den Prozess führen. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen ein anderes Verhalten sinnvoller und kostengünstiger ist.
Beispiel:
Max Müller aus München ist am 23.4.2013 verstorben. In seinem Testament hat er seinen Sohn Stefan als Alleinerben eingesetzt; seine Tochter Christiane ist enterbt. Nach dem Tod des Vaters hat Christiane nichts von sich hören lassen und auch nicht den Pflichtteil gefordert. Am 30.12.2016, also einen Tag vor Ablauf der Verjährungsfrist, erhebt sie vor dem zuständigen Landgericht München I eine Stufenklage auf Erteilung eines Nachlassverzeichnisses, in dem das gesamte Vermögen des Vaters zum Todestag sowie sämtliche Schenkungen, die er zu Lebzeiten getätigt hat, verzeichnet sind, und die Auszahlung des sich daraus ergebenden Pflichtteilsbetrages.
Es wäre ein schwerer Fehler, wenn Stefan jetzt einfach die Abweisung der Klage beantragen würde, denn sie ist jedenfalls teilweise berechtigt, so dass er den Prozess verlieren würde mit der Folge, die Kosten tragen zu müssen.
Empfehlenswert ist vielmehr folgendes Vorgehen: Stefan erkennt die Klageforderung hinsichtlich der Erteilung des Nachlassverzeichnisses bezüglich des Vermögens zum Todestag unverzüglich an. Dies hat zur Folge, dass seine Schwester die entsprechenden Kosten des Prozesses zu tragen hat, weil sie den Pflichtteil zuvor niemals gefordert hatte und sich Stefan damit auch nicht im Verzug befindet. Hinsichtlich der Klageforderung, auch bezüglich der Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten Auskünfte zu erteilen, beantragt Stefan hingegen, die Klage abzuweisen, weil diese Ansprüche bereits zum 23.4.2016 verjährt sind.
Mit diesem abgestuften Vorgehen erreicht Stefan, dass er keinerlei Kosten des Prozesses zu tragen hat.
Gerade in Prozessen um den Pflichtteil oder zwischen Miterben ist die Sach-und Rechtslage oftmals schwierig und unübersichtlich. In solchen Fällen kann es sich empfehlen, einen Vergleich mit vernünftigen Konditionen zu schließen, anstatt jahrelang sehr teuer zu prozessieren. Wann und unter welchen Umständen der Abschluss eines Vergleiches sinnvoll ist, hängt natürlich von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.
Feststellungsklage über Pflichtteilsentziehung
Wenn einem Pflichtteilsberechtigten im Testament der Pflichtteil entzogen wird, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Pflichtteilsberechtigte nach dem Tod des Erblassers versuchen wird, die Pflichtteilsentziehung gerichtlich zu Fall zu bringen. Der entsprechende Prozess ist für den Erben nicht ganz einfach zu führen, weil die Vorkommnisse, die zur Entziehung des Pflichtteils geführt haben, oftmals schon viele Jahre zurückliegen und daher für den Erben, der hierfür beweispflichtig ist, bisweilen nur sehr schwer zu beweisen sind.
Um dieses Prozessrisiko auszuschließen, kann es sich empfehlen, dass der Erblasser bereits zu Lebzeiten eine Feststellungsklage gegen den Pflichtteilsberechtigten einreicht mit dem Ziel, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass die Pflichtteilsentziehung wirksam ist. Dieses Vorgehen hat für den Erblasser den großen Vorteil, dass die Beweismittel noch sehr viel einfacher zur Verfügung stehen als bei einem viele Jahre später stattfindenden Prozess.
Ebenso hat der Pflichtteilsberechtigte, dem der Pflichtteil entzogen wurde, die Möglichkeit, bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch eine Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen, ob die Pflichtteilsentziehung zu Recht erfolgte oder ob ihm ein Pflichtteil zusteht. Er gewinnt damit Rechts-und Planungssicherheit.
Herausgabeklage und Widerklage
Wer Gegenstände, die zum Nachlass gehören, im Besitz hat, ohne selbst Erbe geworden zu sein, muss diese Nachlassgegenstände an den Erben herausgeben. Der Erbe kann seine Ansprüche im Wege der Herausgabeklage geltend machen.
Beispiel:
Anna aus Fürstenfeldbruck ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses, das sie mit wertvollen Antiquitäten und Stilmöbeln ausgestattet hat. Sie ist verwitwet und hat zwei Kinder, Martin und Tobias. In ihrem Testament hat sie Martin zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Kurz nachdem sie verstorben ist, verschafft sich Tobias mittels eines noch in seinem Besitz befindlichen Schlüssels Zugang zu dem leer stehenden Anwesen und transportiert zahlreiche Antiquitäten und Möbel ab.
Martin kann jetzt gerichtlich gegen Tobias vorgehen und von ihm die Herausgabe der Antiquitäten und der Möbel fordern. Im Rahmen dieses Prozesses kann Tobias Widerklage gegen Martin erheben mit dem Ziel, Martin zur Abrechnung und Auszahlung des Pflichtteils zu verpflichten.
Gerichtsverfahren im Ausland
Wenn ein Gerichtsverfahren außerhalb Deutschlands notwendig ist, kooperieren wir mit renommierten ausländischen Rechtsanwaltskanzleien.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Markus Rainer vertritt sie in allen erbrechtlichen Streitigkeiten und im Rahmen des Erbscheinsverfahrens vor allen deutschen Amts-, Land-und Oberlandesgerichten.
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